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Dialoge mit Dämonen – hä?

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In der griechischen Antike verstand man unter einem Daimon einen Geist: Vermittler zwischen Gottheiten und Menschen, persönlicher Ahnen- und Schutzgeist, Seele einer Toten, ein Schatten.

Im Mittelalter legte sich über den Daimon ein größerer Schatten: Die christliche Tendenz zu Hysterie und Ausgrenzung machte Dämonen zu gefallenen Engeln, Teufeln und Widersachern, die sich mit Papa Gott um Seelen stritten, die jetzt keine Dämonen mehr waren. Und da sich Christen generell nicht gerne mit ihren Schattenseiten auseinandersetzen, entwickelten sie lieber die fantasievolle und ans Psychotische grenzende Wissenschaft der Dämonologie. Die konnten sie dann auch für die Hexenprozesse zweitverwerten.

Ich hingegen habe kein Problem mit den Schattenseiten des Lebens. Im Gegenteil: Ich liebe Monster, Teufel, böse Geister, dunkle Obsessionen und düstere, deprimierende Sachen. Ich stehe auf die wahnhaften systematischen Kategorisierungen von Engeln und Dämonen, ihre Namen, Vorkommen und Aufgaben. Wie man sie beschwören und sich vor ihnen schützen kann. Amulette, Evokationen, Rituale sind meine Komfortzone.

Schattenarbeit betreibe ich auch. Wenn ich merke, dass irgendwo irgendwas weh tut, muss ich hinschauen. Auch das eine dunkle Obsession. Und dann zeigen sich die unterschiedlichen Persönlichkeitsanteile: Ein Teil muss die Situation ständig analysieren, ein anderer immerzu kritisieren. Zahlreiche „innere Kinder“ und andere Nervensägen heulen herum. Abgespaltene, dissoziierte Anteile zeigen sich ungewollt und schreien noch lauter.

Bis der Moment kommt, an dem ich darüber schreiben und irgendwann auch lachen kann. Vielleicht weil ein oder zwei Anteile keine Lust mehr auf den Lärm haben und lieber zur „Ressource“ werden.

Manche nennen diese Teile „Ich-Anteile“ oder „Ego-States“. Ich nenne sie Dämonen. Wenn sie sich zu Wort melden, was sie öfters tun, als mir lieb ist, habe ich „Dialoge mit Dämonen“. Und wenn ich danach ruhig genug bin, um für ein paar Minuten auf meinem Hintern sitzen zu bleiben, schreibe ich kurze Texte über diese Unterhaltungen zwischen Tür und Abgrund.

Und vielleicht erkennt die eine oder der andere sich in diesen Unterhaltungen. Denn mit zunehmendem Alter wird mir eines immer klarer: Wir sind uns ähnlicher, als wir (oder ICH) denken. Wenn das der Fall ist: viel Spaß. Wenn nicht, dann trotzdem viel Spaß. The Freakshow must go on.  

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